Borstenwürmer – Ein Segen oder eine Plage?

Hallo liebe Kunden, Hallo liebe Meerwasserfreunde!

Seit einiger Zeit kursieren neben Horrorvideos von ProSieben „Bildungsformaten“ auch einige Horrorstorys zum Thema Borstenwürmer durch das Internet. Gefährlich sollen Sie sein, eine Länge von bis zu 3 Metern erreichen und sich zu gerne an Korallen vergreifen. Doch was ist da wirklich dran? Und ist es sinnvoll gegen die Borstenwürmer im eigenen Aquarium zu kämpfen? Im folgenden Versuche ich das Thema sowohl von der biologischen als auch von der ästhetischen Seite zu beleuchten. Auf gehts!

Was ist ein Borstenwurm und wo kommt er vor?

Borstenwürmer gehören zur Klasse der Vielborster (Polychaeta) und zeichnen sich durch eine hohe Anzahl von Borsten rund um den Körper aus. Da es sich dabei um Lebewesen des Stammes der Ringelwürmer handelt (Annelida), sind oftmals selbst äußerlich Segmentierungen des Körpers zu erkennen. Im Gegensatz zu den Clitellata, einer anderen Form der Ringelwürmer ist die Entwicklung der Borstenwürmer eher archaisch und der Körperbau einfach gehalten. Marin lebende Borstenwürmer findet man in fast allen Weltmeeren, besonders häufig treten Sie jedoch in mit Korallen bewachsenen Gegenden auf. Hierzu zählen z.B. der Indopazifik und der West- und Ost Pazifik. Oftmals schleppen wir die Borstenwürmer durch Lebendgestein oder Ablegersteine mit ins Aquarium ein. Meistens sind die Borstenwürmer noch sehr klein und kaum sichtbar. Neben den wahrscheinlich am häufigsten anzutreffenden Borstenwürmer der Familie der Eurythoe, die wir im weiteren nur noch als „Borstenwürmer“ bezeichnen, treten auch Kieferwürmer und Feuerborstenwürmer in Meerwasseraquarien auf. Dazu kommen oft hunderte, nicht näher bestimmte Polychaeten. Die meisten Borstenwürmer sind nachtaktiv und am Besten mit einer Taschenlampe zu finden.

Welche Faktoren sprechen gegen Borstenwürmer?

Einige der im Meerwasseraquarium vorkommenden Arten können wirklich groß werden. Während ein 20cm Wurm in einem 800L Aquarium kaum auffällt, können 20cm in einem 30L Nano durchaus störend wirken. Obwohl der Borstenwurm aus ästhetischen Gründen grundsätzlich eher nicht gemocht wird, kann er im Detail wunderschöne, teils regenbogenartige Farben zeigen. Große Borstenwürmer haben einen großen Hunger. Sollten Sie nicht dauerhaft ein großes Nahrungsangebot finden, ist es möglich, dass diese sich am teuren Besatz des
Aquaristen vergreifen. Dazu gehören sowohl Korallen als auch kleinere Fische. Sollten Sie z.B. ein Nanoaquarium pflegen und immer wieder den Verlust von kleinen Grundeln wie Trimma, Eviota und Co. zu beklagen haben, wäre es u.U. sinnvoll nach größeren Borstenwürmern Ausschau zu halten. Besonders Weichkorallen scheinen eine alternative Futterquelle für viele Polychaeten zu sein. Kleine Löcher am Fuß oder am Stamm des Tieres weisen auf einen solchen Fraß hin. Selbst die beliebten Muscheln der Gattung Tridacna können sich nicht gut gegen Borstenwürmer wehren, da diese die Muschel vom Fuß her befallen und dann von innen heraus auffressen. In der Natur passt sich das Muschelwachstum der Umgebung an, so dass der Fuß meist ausreichend geschützt ist. Im Aquarium besitzen Muscheln diesen natürlichen Schutz oft nicht – hier kann ein Muschelhalter helfen. Sollten Sie einmal aus Versehen – oder mit Absicht – einen Borstenwurm berühren, müssen Sie sich auf spürbare Schmerzen einstellen, denn die Borsten des Wurms dringen durch die oberen Hautschichten und verhaken sich dort. Das Ausmaß des Schmerzes ist von Person zu Person und von Tier zu Tier unterschiedlich, ist jedoch am ehesten mit dem Gefühl Glaswolle angefasst zu haben vergleichbar.

Welche Faktoren sprechen für Borstenwürmer?

Borstenwürmer durchgraben den Bodengrund, lockern diesen auf und befreien Ihn von lästigen Algen, Detritus und Aas. Borstenwürmer könnte man somit als teil der Putzkolonne sehen. Viele kleine Borstenwürmer gelten als Nahrung für Lippfische oder Garnelen und sind somit das natürlichste, was wir unseren Fischen vorsetzen können. Einige, moderne Meerwasseraquarien setzen auf eine hohe Biodiversität um ein möglichst stabiles Milieu zu schaffen (Vergl. Sangokai Methode). Borstenwürmer gehören definitiv in das Riffhabitat und sind teil der natürlichen Nahrungskette. Nimmt man nur ein Glied aus der Kette, kann dies größere Auswirkungen auf die Population von – vor Allem – kleineren Lebewesen haben. Diese wiederum kann z.B. bei einem starken Anstieg zum Verlust von einzelligen Algen führen und die Mikrofauna im Aquarium dermaßen reduzieren, dass die Korallen ein Ernährungsproblem bekommen. Borstenwürmer nehmen in der Meerwasseraquaristik eine ähnliche Stellung ein, wie es Spinnen bei vielen Personen tun. Der Ekel ist zwar vorhanden, die Nützlichkeit der Tiere wird aber erkannt und dadurch auch respektiert.

Was tun?

Die Antwort auf diese Frage ist leider nicht leicht zu beantworten, da die möglichen Handlungsschritte stark von der Anzahl, Art und Größe der Würmer als auch der Größe des Aquariums abhängt. Wir empfehlen das Entfernen von Kieferwürmern und Feuerborstenwürmern, da diese sowohl dem Aquarium als auch dem Halter ernsthaft schaden können. Gerade der Kieferwurm ist dafür bekannt, dass er keinen Halt vor Kabeln oder Silikon macht. Der Feuerborstenwurm hingegen ist noch einmal deutlich schmerzhafter, als es eine Berührung eines normalen Borstenwurms ist. Von den „normalen“ Borstenwürmern empfehlen wir nur eine Entfernung, wenn Sie optisch stark stören oder das Aquarienmilieu den Futterbedarf nicht decken kann, sodass sich das Tier an Korallen oder Fischen vergreift. Alle kleineren Borstenwürmer sind „harmlos“ und sollten im Aquarium belassen werden. Doch wie fange ich nun am Besten einen Borstenwurm?
Dort bieten sich verschiedene Methoden an. Als äußerst effektiv haben sich Borstenwurmfallen dargestellt, welche nach einem simplen Reusensystem konstruiert wurden. Bestück mit allerlei Muschelfleisch oder anderem Frostfutter, sollte die Falle jede Nacht einige Borstenwürmer fangen. Auf der anderen Seite bieten sich noch alle natürlichen Fressfeinde an. Gerade für das Aquarium eignen sich einige dieser Tiere sehr gut. Die Scherengarnele Stenopus hispidus ist ein geborener Borstenwurmjäger. Hier gilt allerdings Vorsicht bei der Vergesellschaftung mit anderen Garnelen. Sehr viele Lippfischarten sind geradezu süchtig nach Borstenwürmern. Hier sollte allerdings genau darauf geachtet werden, ob der Lippfisch auch ausgewachsen noch vernünftig in dem vorhandenen Aquarium haltbar ist. Besonders beliebt aus dieser Kategorie: Macropharyngodon bipartitus und Halichoeres melanurus. Es gibt auch einige, grabende Schnecken die liebend gerne Borstenwürmer fressen. Hierzu zählen z.B. die Arten Nassarius und Babylonia.

Ob Sie sich durch Ihre Borstenwürmer eher gestört oder bereichert fühlen, ein wenig Fingerspitzengefühl ist auf beiden Seiten gefragt. Weder eine Massenvermehrung noch ein komplettes Ausrotten sind sinnvoll. Sollten Sie viele Würmer eingeschleppt haben, welche aber nicht in Ihrem Aquarium gewachsen sind (z.B. durch bereits aus Aquarien stammendes Lebendgestein), wäre es auf jeden Fall sinnvoll diese zu entfernen. Bitte denken Sie aber immer daran: Auch Borstenwürmer sind Lebewesen aus dem Riff, extrem wichtig für die Riffbiologie und genauso „lebenswert“ wie es z.B. ein bunter Rifffisch ist.

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